Intro
Man wird älter, vernünftiger und auf einmal sind Kinder da! Viele Wege sind bis zur Einschulung zusammen mit den lieben Kleinen zurückzulegen. Das schränkt die Möglichkeiten ein, die täglichen Wege mit dem Rad zurückzulegen – bei gutem ÖPNV-Angebot eigentlich kein Problem, doch selbst dann kostet dies in der Regel mehr Zeit als mit dem Radl und man ist weniger flexibel… das war es wohl mit Radfahren. Doch bevor man sich zur Probe in den ersten familientauglichen Pkw setzt – STOP! Gibt es keine anderen Möglichkeiten? Kindersitz – nein, viel zu gefährlich und überhaupt: Man wird als Radfahrer doch sowieso schon oft als Lebensmüde eingestuft und dann auch noch mit Kindern im Gepäck?
Doch unsere Reihe hieße nicht Fact ’n fancy, wenn wir jetzt in dem Stil weitermachen und nicht stattdessen gleich zwei gefühlte Wahrheiten analysieren. Auch wenn es stimmt, dass fast jeder Radfahrer eine oder einen Gleichgesinnte(n) kennt, die oder der nach der Familiengründung wohl „Gleichgewichtsstörungen“ bekommt und nicht mehr (viel) radelt.
Sicherheit
Es sieht wacklig aus und schon ohne kleine Beifahrer hatte man ja nicht gerade ein überbordendes Sicherheitsgefühl. Für Gefühlsbetonte als Einstieg ein paar „soft facts“:
- Auf einmal geht es: Fährt man Kindern zusammen Rad, nehmen Autofahrer deutlich mehr Rücksicht als auf Single-Radler. Dazu gibt es keine Empirie aber probiert es einfach mal aus (für Ängstliche einfach mal mit leerem Kindersitz / Hänger fahren). Das betrifft Seitenabstand beim Überholen und auch die allgemeine Regeltreue, vor allem aber die Vorfahrtsregeln und §1 StVo.
- Der Feind in Dir: Als selbstbewusster Radfahrer ist man flott unterwegs und geht durchaus mal Risiken ein – mit einem Gang runter geht es zwar langsamer aber dafür sicherer und mit weniger ungewollten Adrenalinkicks.
- Mal positiv gedacht: Der Nachwuchs lernt frühzeitig den Straßenverkehr in vielen Facetten kennen. Später sind diese Kids viel sicherer auf dem Weg zur Grundschule als die Passagiere von Elterntaxis.
Was sagen die harten Zahlen? Es gibt nicht viele Daten – gleichzeitig werden Fahrleistung und Modal Split von Kindern als Mitfahrer auf Fahrrädern bisher nicht erfasst. Folgende Zahlen machen aber Mut. Im Hamburger Stadtgebiet wurden die Daten der Unfalltypensteckkarte für das Jahr 2018 der Polizei ausgewertet [1]:
- 10 LEICHT verletzte Kinder zwischen 0 und 7 Jahren als Mitfahrer auf Fahrrädern
- Insgesamt verunglückten im Jahr 2018 724 Kinder auf Hamburgs Straßen. 217 waren Passagiere in einem Elterntaxi.
Auch wenn die Nachbarn etwas Anderes erzählen – objektiv gibt es keine belastbaren Zahlen, die nahelegen, dass der Kindertransport auf dem Fahrrad unsicherer ist als die Alternativen.
Machbarkeit
Sie sind da – es gibt kaum ein Artikel über die Verkehrswende indem sie nicht vorkommen. Selbst eingefleischte Fahrradfreaks haben keinen Überblick mehr über die verschiedenen Subtypen der neuesten Fahrradkategorie: Lastenräder.
Ist das die Lösung für den Kindertransport? Gerade beim Transport mehrerer Kinder und wenn noch Gepäck dazu kommt erscheint es sinnvoll über ein Lastenrad nachzudenken. Es gibt aber auch Nachteile:
- Preis: E-Lastenräder liegen preislich nochmal ca. Faktor 2 – 3 höher als ein vergleichbar ausgestattetes E-Bike. Geringere Stückzahlen, komplexere Rahmen und weitere Sonderteile schlagen sich nieder.
- Flexibilität: Mal eben Bordstein oder die Treppe rauf, den ÖPNV nutzen, mit in den Urlaub nehmen, beim Bringen und Holen der Kids abwechseln, … all das zwar nicht unmöglich aber zumindest nicht ganz so einfach mit den meisten Lastenrädern.
Auf keinen Fall wollen wir jemand dabei bremsen eine der schönsten Fahrraderfindungen zu nutzen. Aber gerade für diejenigen, die sich unsicher sind oder die Zweifel haben ob ein Lastenrad für Ihre Situation das Optimum darstellt, gibt es einen Alternativkatalog von uns. Für die Zeit von der Wiege bis zur Einschulung & für den Transport von bis zu 3 Kindern. Neben den bekannten Klassikern Kindersitz und Anhänger kommt gerade bei Kindern, die schon selbst Radfahren können eine noch sehr wenig bekannte Technik zum Zug. Mit sogenannten Tandemkupplungen können komplette oder modifizierte Kinderräder wie ein Anhänger gezogen werden. Positiver Nebeneffekt: Der Nachwuchs entfaltet Ehrgeiz beim Unterstützen von Mama und Papa – zwar nicht mit einem Mittelmotor vergleichbar aber doch sehr schön. Wird eine Kupplung für normale Kinderräder verwendet [2], kann der Nachwuchs auch streckenweise (beispielsweise auf guten Radwegen oder in verkehrsberuhigten Bereichen) abgekoppelt werden und ganz allein fahren. Bei dieser Technik fallen 4kg zusätzliches Gewicht und Kosten von ca. 200 – 300€ an. Die Applikation am Zugfahrrad ist sehr einfach – am angehängten Kinderrad sollte etwas Zeit eingeplant werden (insbesondere Schaltzüge am Unterrohr des Kinderrades können stören). Ist die Erstinstallation gemacht, dauert das An- und Abkoppeln weniger als 1 Minute. Kinderräder bis 20 Zoll sind ankoppelbar.
Bei allen gezeigten Möglichkeiten muss auch immer abgewogen werden ob ein E-Bike oder ein herkömmliches Fahrrad als Zugfahrrad bei der jeweils vorliegenden Topografie und Kondition ausreicht. In jedem Fall sollte das Zugfahrrad mindestens über V-Brakes oder hydraulische Felgenbremsen verfügen. Natürlich sind mit Willenskraft und Kondition auch bergige Topografien in allen Varianten ohne elektrische Unterstützung möglich.
Fazit
Kindertransport mit dem Fahrrad ist möglich und auch nicht nachweislich gefährlicher als die Nutzung anderer Verkehrsmittel, sofern man ein geübter Radfahrer ist und die Technik stimmt. Auch mit normalen Fahrrädern und den klassischen Methoden können Wege mit der ganzen Familie auf dem Rad umweltfreundlich, kostengünstig und gesundheitsfördernd zurückgelegt werden – Probiert es aus!
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