Ein Hauch von Kopenhagen …
„Pop-Up-Lanes“, die temporäre Umwidmung von Fahrspuren auf mehrspurigen Straßen zu Radfahrwegen, hatten und haben in diesem Jahr der Pandemie Hochkonjunktur – in vielen deutschen Städten ebenso wie in vielen Großstädten der ganzen Welt …
Im Mai hatten VCD und ADFC den Oberbürgermeister aufgefordert, auch in Hagen solche Pop-Up-Lanes einzurichten … Der Oberbürgermeister lehnte dies jedoch aus Kostengründen und wegen des Straßenbedarfs des Autoverkehrs ab.
Deswegen hatten dann Ende August der VCD, der ADFC und Verkehrswende Hagen kurzfristig zu einer einstündigen Fahrraddemonstration „Pop-Up-Lane auf dem Graf-von-Galen Ring“ aufgerufen.
Wir verfolgten das Ziel, allen Interessierten zumindest für eine kurze Zeit einmal die Gelegenheit zu bieten, „mit dem eigenen Leib“ zu erspüren, wie sehr sich Radfahr-Qualität und Lebensqualität durch gesicherte und getrennte Fahrspuren für Radfahrer verbessern lassen:
„300 Meter Kopenhagen-Feeling“ in Hagen
Unser Aufruf war sehr kurzfristig, nicht einmal zwei Wochen konnten wir die Radfahr-Interessierten in Hagen und Umgebung informieren – und dennoch sind über 100 Teilnehmer*innen zu dieser Kurzdemo erschienen!
Es war eine vielfältige Mischung – jung und alt, Berufspendler und Gelegenheitsfahrer, Einzelkämpfer und Familien mit Kindern in Kindersitzen, auf Kinderrädern, auf Tretrollern…
Und wir hatten nicht zu viel versprochen: Alle konnten „300 Meter Kopenhagen-Feeling“ genießen – und alle genossen dieses Feeling auch: die große Freiheit für Radfahrende …
Unsere Einladung stimmte: Alle konnten „300 Meter Kopenhagen-Feeling“ genießen – allerdings auch nicht mehr als 300 Meter!
Wir hatten bei der Anmeldung der Demonstration die Belegung der einen Fahrspur auf dem Graf-von-Galen-Ring angemeldet – und genau daran hielt sich auch die Polizei: Sie sicherte unsere Fahrrad-Demo genau auf der freigeräumten Strecke des Rings (300m)!
So mussten alle Teilnehmer*innen den Rest des Rundkurses – vom Ende der Pop-Up-Spur über die Martin-Luther-Straße, die HIndenburgstraße und die Elberfelder Straße bis zur Schwenke ohne Polizeischutz, im normalen Hagener Verkehrsgetümmel, mit ungeduldigen Autofahrern, Ampelhalten hinter stinkenden Dieselfahrzeugen und mit viel Aufmerksamkeit für rechts überholende Linienbusse überstehen:
300 Meter Kopenhagen – 700 Meter Hagen pur!
Verständlich also, dass die Kinder auf Tretrollern und Kinderfahrrädern nicht lange diesen Rundkurs mitmachen konnten. Für die erwachsenen Teilnehmer*innen aber war diese Fahrrad-Demo eine wichtige und befriedigende Erfahrung: Die Erfahrung, wie schön Radfahren auch in der Stadt sein kann, wenn die Rahmenbedingungen für sicheres und freies Radfahren geschaffen werden, und die intensive Erfahrung – wieder einmal – wie unangenehm und auch gefährlich für viele Menschen, z.B. Kinder, Ältere und Gebrechliche das Radfahren in Hagen immer noch vielerorts ist.
Wir alle konnten erfahren, wie positiv eine echte Verkehrswende in Hagen unsere Lebensqualität verändern würde – und wie dringend eine tiefgreifende Verkehrswende gerade in Hagen ist!
Einen Tag nach unserer Fahrraddemonstration gingen knapp 42% der Hagener Wahlberechtigten zur Wahl … Die Grünen gingen aus dieser Wahl gestärkt hervor, der Oberbürgermeister wurde im ersten Wahlgang bestätigt …
Wir wünschen dem neuen Rat und dem alten/neuen Oberbürgermeister und seiner Verwaltung dringend die notwendige Einsicht, den politischen Willen und die gestalterische Kraft, in der kommenden Legislaturperiode die Verkehrswende deutlich schneller, ehrlicher und überzeugender zu gestalten, als dies in der vergangenen Legislaturperiode zu erkennen war.
Wir werden sicherlich unsere Vorstellungen auch in den kommenden Monaten in weiteren Aktionen öffentlich machen, um so die notwendige Einsicht in Rat und Verwaltung zu beschleunigen! 🙂
Video © Udo Pfeiffer, 2020
Video © Heike Heuer, 2020
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